Die Ju 52 „D-AQUI“ der Deutschen Lufthansa Berlin Stiftung (DLBS) kann nach aufwendiger Reparatur an diesem Wochenende wieder starten. Bei der Kieler Woche wird die „alte Tante Ju“ über den hunderttausend Besuchern gemächlich diverse Ehrenrunden drehen. Und die beste Nachricht für Ju-Fans: Auf einigen der am Wochenende geplanten Rundflüge über der Förde und den prachtvollen Windjammern sind noch Plätze frei.

Die Ju 52 wird von der Lufthansa Berlin Stiftung betrieben. Fotos: DLH

Dass die Ju 52 schon zum zweiten Mal nach den achtziger Jahren generalüberholt zu neuen Höhenflügen abheben kann, ist einem kompetenten und engagierten Expertenteam von Ingenieuren und Technikern der DLBS und der Lufthansa Technik in Hamburg zu verdanken. Ein komplizierter Mittelholmbruch, aufgetreten im September 2015, macht die aufwendige Reparatur nötig. Kurz zuvor war die „Tante Ju“ als erstes für den gewerblichen Flugbetrieb zugelassenes historisches Verkehrs-Flugzeug den Status eines „fliegenden technischen Denkmals“ verliehen worden.

 

Lange Zwangspause

Die lange Zwangspause – auf die komplette Flugsaison 2016 der Ju52 musste schweren Herzens verzichtet werden – wurde von der DLBS genutzt, um der „Grande Dame der Lüfte“ einen wahren „Jungbrunnen“ zu verpassen. So wurde nicht nur einer der acht  Mittelholme – eines der wichtigsten Strukturelemente des aus dem Jahr 1936 stammenden Flugzeugs – erneuert. Bei komplett abmontierten Tragflächen wurde auch die eigentlich erst in einigen Jahren notwendige Erneuerung von Flächenholmen vorgezogen. Dabei betrat das Technik-Team der DLBS technologisches Neuland; denn einen Austausch der Holme hatte der Flugzeugbauer Hugo Junkers in den 30er Jahren nicht dokumentiert – im Gegensatz zu allen anderen Vorgaben in den Junkers Handbüchern, an die sich die DLBS-Mechaniker auch heute noch akribisch halten. Junkers hatte wohl seinerzeit nicht geahnt, dass seine Ju52 „im Flug“ über 80 Jahre alt werden könnte und einmal neue Flächenholme bekommen müsste.

Aufwändige Reparatur.

 

Odyssee durch Amerika

Auch große Stücke der markanten „Wellblechhaut“ wurden durch neue Teile ersetzt. Die bestand in Wirklichkeit schon immer aus Aluminium, auch schon 1936, als das Flugzeug mit der Luftfahrt-Kennung D-AQUI von den Dessauer Junkers-Werken an die damalige Lufthansa ausgeliefert wurde. Der Beginn einer für ein Flugzeug beispiellos bewegten bis dramatischen „Lebensgeschichte“: Schon bald wurde die Ju52 nach Norwegen verkauft, wo sie – mit Schwimmern ausgestattet – mehrere Jahre lang für die Flugverbindung zwischen einzelnen Fjorden sorgte.

Nach dem Krieg erlebte das Flugzeug eine wahre Odyssee mit Einsätzen in Süd- und Nordamerika, unter anderem als Verbindungsflugzeug zu Ölbohrercamps im Amazonas-Gebiet und später als „Iron Lady“ genannte Touristenattraktion auf Flugschauen im amerikanischen Mittelwesten. In erbarmungswürdigem Zustand von Lufthansa Piloten zufällig auf einem Flugfeld im Süden der USA entdeckt, wurde sie 1984 von der Lufthansa gekauft und „nach Hause“ geholt.

Es folgte eine erste, knapp zwei Jahre dauernde Restaurierung und Totalüberholung bei der Lufthansa Technik in Hamburg. Dabei wurde die Ju52 mit leistungsstarken Kolben-Sternmotoren ausgestattet und technisch so aufgerüstet, dass sie vom Luftfahrtbundesamt für den gewerblichen Luftverkehr selbst unter Instrumentenflugbedingungen zugelassen wurde.

Als die „Tante Ju“ wieder flugtüchtig war, wurde im Juni 1986 unter der Ägide des damaligen stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Lufthansa, Reinhardt Abraham, die Deutsche Lufthansa Berlin Stiftung ins Leben gerufen. Ihr gemeinnütziger Zweck: „Förderung von Kultur und Wissenschaft durch die Erhaltung historischen Fluggeräts und Vorführung am Boden und im Flug.“ Dies geschah bis zum Herbst 2015 auf tausend Rund- und Streckenflügen in ganz Deutschland uns im benachbarten Ausland. Insgesamt kam die „Tante Ju“ in den vergangenen 30 Jahren auf über 5.000 Flugstunden. Mehr als 120.000 Fluggäste erlebten dabei an Bord des Oldtimers kurze Zeitreisen in die frühen Jahre der zivilen Luftfahrt und das wunderbare Gefühl der Entschleunigung.

 

Liebevolle Restaurierung

Jetzt schenkten die Ju-erfahrenen Ingenieure, Mechaniker und Elektroniker der DLBS, von Lufthansa Technik und Kaelin Aero Technologies dem „fliegenden Denkmal“ ein erneutes Comeback und den Start in ein „drittes fliegerisches Leben“ – und das mit aller gebotenen Sorgfalt und perfekter Vorbereitung. Am 9. Mai verlies die „wiedergeborene“ Ju52 erstmals den Wartungshangar für ein „Run-up“, einem Testlauf der Motoren. Es folgten Startläufe auf einer Runway des Hamburger Flughafens mit intensiven Tests von Steuerung, Bremsen, Motoren und Elektronik. Nachdem auch ein erster „Werkstattflug“ reibungslos verlaufen war, flog die Ju52 Mitte Mai – äußerlich noch ein wenig derangiert wegen der vielen mit gelber Rostschutzfarbe bedeckten neuen Teile an Rumpf und Tragflächen – für vier Tage in ein „Painthangar“ im niederländischen Lelystadt. Dort sorgten die holländischen Spezialisten kostenlos (!) dafür dass das Wellblechkleid der alten Dame jetzt wieder makellos silbrig glänzt.

Wieder in der Luft.

 

Die vergangenen Wochen waren ausgefüllt mit intensivem Pilotentraining und weiteren technischen Checks, ehe in der vergangenen Woche bei einem Flughafenfest im Münsterland erstmals nach knapp zwei Jahren wieder glückliche Oldtimer-Fans als Rundflug-Passagiere mit der „Tante Ju“ abheben konnten. In den kommenden Wochen und Monaten wird die Ju52 – entsprechend dem von der DLBS veröffentlichtem Saison-Flugplan – wieder auf zahlreichen Flugplätzen und bei Flugschauen in ganz Deutschland zu sehen sein. Bei vielen der anstehenden Rund- und Streckenflügen sind in Folge der langen Zwangspause die meisten der 16 Passagierplätze an Bord der Ju52 bereits ausgebucht. Einzelne freie Plätze sind aber immer noch buchbar, beispielsweise am 17. Juni in Kiel, am 5. Juli in Mainz und am 11. Juli in Erfurt.

 

Im Flug zum 100. Geburtstag

Und alle, die in dieser Saison nicht mehr zum Zuge kommen, müssen nach Überzeugung von DLBS-Chef Werner Knorr nicht traurig sein. Er ist sich sicher, dass in den nächsten Jahren noch viele tausend Fluggäste an Bord der verjüngten „Tante Ju“ das faszinierende Gefühl der „Entschleunigung“ erleben werden: „Unsere Ju ist jetzt wieder so fit – die wird auch ihren 100. Geburtstag noch fliegend erreichen!“ Der steht erst im Jahr 2036 an…

Die jeweils 30-, 45- oder 60-minütigen Oldtimer-Flüge mit der Ju52 im Sommerhalbjahr 2017 kosten 239 bzw. 319 oder 399 Euro. Unter www.lufthansa-ju52.de kann man nicht nur den detaillierten Flugplan einsehen, sondern auch gleich den gewünschten Flug online buchen, bezahlen und falls gewünscht, den passenden Gutschein ausdrucken.