Die Zahl der wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen steigt stetig in Schleswig-Holstein, hat seit 2014 um mehr als die Hälfte zugenommen. Das Diakonische Werk Schleswig-Holstein geht von gegenwärtig rund 10.000 Menschen aus. In Deutschland sind einer Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe zufolge etwa 650.000 Menschen ohne Wohnung. Weil sich deren Zahl bei steigenden Mieten stetig erhöht, will sich die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände in Schleswig-Holstein künftig verstärkt bei der Schaffung von Wohnraum einbringen und inklusive Wohnprojekte fördern und organisieren.

Im Gespräch (von links): Bernd Hannemann, Diakonisches Werk Schleswig-Holstein; Kerstin Olschowsky, Der Paritätische Schleswig-Holstein und Jürgen Blucha vom Innenministerium Schleswig-Holstein. Fotos: Nolte

Am 28. Oktober wurde dazu die gemeinsame Initiative der Freien
Wohlfahrtsverbände „Wohnen Inklusiv“ ins Leben gerufen und mit einem ersten Fachtag in Kiel vorgestellt. Ziel dieser Kampagne soll sein, Wohnungsbau künftig so zu gestalten, dass auch benachteiligte Menschen eine realistische Chance auf eigenen Wohnraum erhalten und am kulturellen und gesellschaftlichen Leben ihres Wohnumfelds teilhaben könnten. Dies würde sowohl für die Städte im Land, als auch die ländlichen Räume gelten.

Heiko Naß, Landespastor und Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände.

Die von der Landesregierung dazu angekündigte Initiative an zusätzlicher Flächenbereitstellung allein, „wird Menschen in besonderen Lebenslagen, etwa Obdachlose, Geflüchtete, Menschen mit Behinderung, ältere Menschen oder solche aus einkommensschwachen Haushalten kaum helfen“, sagte dazu der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände (LAG) Landespastor Heiko Naß. „Weder können sich die betroffenen Menschen hochpreisige Neubauwohnungen leisten noch Wohneigentum erwerben“. Deshalb fordert Landespastor Naß Land und Kommunen auf, brachliegende Flächen kostengünstig zur Verfügung zu stellen und mit einer Quote von mindestens 30 Prozent für den sozialen Wohnungsbau zu verbinden. Darüber hinaus sollte „die Gemeinnützigkeit erneut eingeführt und die Mietpreisbremse beibehalten werden“.

Aufmerksame Zuhörerschaft.

„Sozialräume müssen sowohl physisch als auch digital vollkommen neu und ressortübergreifend gedacht werden, um Parallelstrukturen zu vermeiden“, so Kerstin Olschowsky vom „Paritätischen“ Schleswig-Holstein. „Als kompetenter Ansprechpartner in der Gestaltung von Beteiligungsprozessen bieten wir dafür unsere Unterstützung unter Partizipation der Zielgruppe an.“ Gemeinsam mit Bernd Hannemann vom Diakonischen Werk Schleswig-Holstein zeichnet Olschowsky verantwortlich für die Organisation dieser Wohnungsinitiative.

Professor Marcus Menzl, TH Lübeck, machte in seinem ausführlichen Vortrag deutlich, welche Forderungen aktuelle an innovative Wohnumfelder und Quartierslösungen gestellt werden müssen. „Es gibt viel zu tun, aber auch viele Chancen, wie eine Vielzahl von Bauprojekten in Deutschland belegen“, so Menzl.

Professor Marcus Menzl, TH Lübeck, stellt „Inklusive Sozialräume“ in seinem Vortrag vor.

Bereits jetzt engagieren sich Wohlfahrtsverbände im Land in verschiedenen
erfolgreichen Projekten, die den Wohnraum für Menschen in prekären Lebenslagen schützen und sichern. Dazu gehört unter anderem das Projekt „Frauen-Wohnen“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, das Frauen und Kindern, die in Frauenhäusern leben, bezahlbaren Wohnraum vermittelt. Ein anderes Beispiel ist der Gustav-Schatz-Hof in Kiel, eine moderne Wohnanlage, in der eine Seniorenwohnanlage, eine Kita, eine Pflege- und Sozialstation sowie ein Mietertreff integriert sind. Dort engagiert sich die Diakonie Altholstein, die mit Geschäftsführer Heinrick Deicke ebenfalls beim Fachtag vertreten war. Gefördert wird diese Initiative auch durch die Diakonie Stiftung Schleswig-Holstein.

Die Initiative „Wohnen Inklusiv“ bündelt die Expertise der Wohlfahrtsverbände und wird künftige Wohnprojekte inhaltlich fördern und voranbringen. Wolfgang Henze