Es war eine beeindruckende Veranstaltung, die Landespastor Heiko Naß am 1. Juli 2022 mit einem Hinweis auf die Jahreslosung „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen,“ im Rendsburger Martinshaus eröffnete. Es ging dann um Geld und Verantwortung, also um ethisches Investment mit nachhaltiger Wirkung, dessen Impuls ursprünglich die Europäische Union gesetzt hatte und das Land Schleswig-Holstein in der Folge Nachhaltigkeit in das eigene Anlagenmanagement integrieren möchte. Aber was ist Nachhaltigkeit oder ethisches Investment? Begriffe und Anwendungen, die zurzeit noch um Definition und auch Glaubwürdigkeit ringen.

Moderator Friedemann Magaard im Gespräch.

Bernd Hannemann, Vorstand der Diakoniestiftung Schleswig-Holstein und Anlageexperte des Diakonischen Werks Schleswig-Holstein war es als Impulsgeber und Organisator der Dialogveranstaltung nicht nur gelungen mit Pastor Friedemann Magaard einen profilierten Moderator, sondern auch eine Vielzahl kompetenter Experten in diesem Feld zu gewinnen. So konnte es nicht verwundern, dass auch das Auditorium bestens und beinahe bis zum letzten Platz besetzt war.

Philipp Kleiner stellte die Ergebnisse seiner Dissertation vor.

Den „ersten Aufschlag“ zum Thema setzte Philipp Kleiner, Absolvent der Bucerius Law School in Hamburg, der die Ergebnisse seiner Dissertation zu den Rahmenbedingungen für ein nachhaltiges und sozial verantwortliches Finanzwesen aus europäischer Sicht vorstellte. Deutlich wurde schnell, dass der Markt für nachhaltige Finanzprodukte bislang nur eine Nische füllt. So waren 2019 nur rund zwei Prozent des weltweiten Anleihemarkts nachhaltige Anlagen im Sinne von „green bonds“.

Aber, so Kleiner, dieser Markt sei durch ein starkes Wachstum geprägt, was durch eine Steigerung von rund 50 Prozent zum Vorjahr belegt werden kann. Das kumulierte Wachstum nachhaltiger Finanzprodukte in Deutschland betrug 2019 rund 335 Milliarden Euro.

Aber was sind nachhaltige Anlagen? Wie sind Begriff und völkerrechtliche Konzeption „Nachhaltigkeit“ zu definieren?

Landespastor Heiko Naß setzte die ersten Impulse.

Der Nachhaltigkeitsbegriff ist in drei Säulen völkerrechtlich verankert: In Ökologie, Soziales und der Ökonomie. Geregelt wird dies unter anderem in Ziffer 1c im sogenannten Pariser Übereinkommen. Dort wird benannt, dass Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden müssen mit einem Weg hin zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung.

Die EU-Taxonomie, kürzlich allerdings durch die Nachhaltigkeitsdefinition von Kernkraft umstritten in die Öffentlichkeit geraten, ist dabei das Herzstück der bisherigen Grundlagen künftiger EU-Nachhaltigkeitsregulierung. Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungsmodell.

Dina Lorenz vom Vorstand der Bundesinitiative Impact Investing erläuterte in ihrem Vortrag ausführlich, dass Geldanlage mit Rendite und Anspruch kein Widerspruch sein muss.

Aufmerksame Zuhörer im Martinshaus.

Astrid Herrmann von der Evangelischen Bank in Kassel, befasste sich mit der Thematik „Ethisches Investment – Was ist es uns wert? Sie betonte, dass in ihrem Haus Nachhaltigkeit eine Frage des Selbstverständnisses sei und sich aus den christlichen Wurzeln, der Werte, der Verantwortung und dem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsgedanken ableiten lassen würde. „Unsere Vision ist“, so Herrmann, „dass wir mit unseren Kunden eine nachhaltig lebenswerte Gesellschaft gestalten können.“

Die evangelische Bank versteht unter ethischem Investment Geldanlagen, die neben den wirtschaftlichen Anlagezielen Rendite, Sicherheit und Liquidität auch ethische beziehungsweise nachhaltige Wertvorstellungen des Anlegers berücksichtigen würden. Aus dem magischen Dreieck der Vermögensanlage würde so ein nachhaltiges Dreieck entstehen. Sie fasste schließlich zusammen, dass mit gezieltem ethisch-nachhaltigem Investment ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft geleistet werden kann.

Dina Lorentz von Impact Investing. Fotos: Henze

Lisa Buddemeier von der „Gemeinwohl Ökonomie – Region Kiel“, die sich für ein zukunftsfähiges Wirtschaftsmodell einsetzt, stellte mit einer Gemeinwohl-Matrix einen Paradigmenwechsel vom konventionellen Verständnis in der kapitalistischen Wirtschaft – in der Umwelt und Menschen als Ressourcen wahrgenommen werden – hin zu einem neuen Verständnis von Wirtschaft vor, in dem diese der Umwelt und Gesellschaft dient. Dies getreu dem Grundgesetz Artikel 14: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Die Gemeinwohl-Ökonomie beschreibt eine alternative, nachhaltige Wirtschaftsordnung. Sie versteht sich als liberale und ethische Marktwirtschaft, in der Gewinnstreben durch Gemeinwohl-Streben und Konkurrenz durch Kooperation ersetzt wird. Das Ziel dabei: die Gesetze der Marktwirtschaft mit den Grundwerten demokratischer Gesellschaften in Einklang zu bringen, um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen.

Bernd Hannemann: Vorstand Diakonie-Stiftung Schleswig-Holstein und Organisator der Veranstaltung.

Zum Abschluss der Veranstaltung wurde sich in vier verschiedenen worksshops (Ethisches Investment – was ist das/Transparenz und Berichtspflichten/Gemeinwohl orientierte Anlagen – wie müssen die aussehen/Sozial verantwortliche Verwendung) den komplexen Themenstellungen erneut angenommen. So stellte beispielsweise Bernd Hannemann anschließend die laufenden Projekte der Diakonie-Stiftung Schleswig-Holstein zum Thema Wohnen für Menschen mit besonderen Bedarfen vor.

Neun Wohnungen in Kiel, sowie geplante weitere 15 Wohnungen in Schleswig – zusätzlich gibt es Pläne für Husum und Preetz – dienen vor allem ehemaligen wohnungslosen Menschen als neue Heimat und Wohnstatt. „Bei diesen Projekten geht es uns vor allem um die soziale Rendite, so Hannemann, aber natürlich müssen diese auch den Anlagenzielen der Stiftung gerecht werden.“

Es ist festzuhalten, dass diese Veranstaltung ein voller Erfolg wahr, die sich der Themenstellung „Geld und Verantwortung“ aus vielerlei Blickrichtungen annähern konnte, und durchaus auch Handlungsalternativen im Sinne von ethischem und nachhaltigem Wirtschaften aufzeigte. whe