„Damit kommen sie nicht rum“, sagt Heinz Wüstenberg, schüttelt den Kopf und ergänzt: „Das müssen wir nochmal durchrechnen.“ Vermutlich hat die junge Frau, die in seinem Börmer Büro neben ihm am Besprechungstisch saß, nur schüchtern dazu genickt. Was sollte sie auch sagen?

Heinz Wüstenberg

Mit ganz spitzen Bleistift hatte sie zigmal durchgerechnet, welchen monatlichen Lebensunterhalt sie während ihres geplanten Lehramts-Studiums an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel benötigen würde. Beworben hatte sie sich für ein Stipendium der Heinz-Wüstenberg-Stiftung in Schleswig, denn ohne ergänzende Förderung hätte sie finanziell keine Chance auf das Studium gehabt; notwendige Unterlagen und Zeugnisse hatte sie bei der Stiftungsgeschäftsführung in Schleswig eingereicht, und nun das, einen persönlichen Termin beim Stifter selbst. Damit hatte sie nicht gerechnet. Und noch viel weniger damit, dass Heinz Wüstenberg ihr erklären würde, dass so ein Stipendium auch mal einen Kinobesuch oder das Ausgehen mit Freunden hergeben müsse. Es wurde also neu gerechnet, bis Stifter und künftige Stipendiatin gut mit dem neuen Ergebnis leben konnten.

Es kam selten vor, dass Heinz Wüstenberg Bewerber für ein Stipendium oder eine andere schulische oder berufliche Förderung zu einem Gespräch bat. Es tat nicht Not, denn mit Stiftungs-Geschäftsführer Jörg Peters hatte er einen kongenialen Geist gefunden, der Förderanträge in seinem Sinne bewertete und letztlich hatte sich die förmliche Stifter-Zustimmung auf drei Stufen eingependelt, die da lauteten: Ok, prima oder ganz in meinem Sinn.

2005 hatte der Börmer Landtechnik-Unternehmer Heinz Wüstenberg die Stiftung gegründet. Ihr Zweck ist die Förderung von Bildung und Erziehung, der Jugend- und Altenhilfe, des Sports und der Unterstützung hilfsbedürftiger Personen. Vorrang hat dabei die Förderung begabter Jugendlicher.

Bis Endes dieses Jahres wird die Stiftung insgesamt 450 Fördermaßnahmen genehmigt und abgewickelt haben. Knapp eine Million Euro aus der Rendite des Stiftungsvermögens wurden dafür bislang eingesetzt. Diese Zahlen sind überaus beeindruckend, keine Frage, aber wesentlich beeindruckender ist des Stifters Werk bezogen die Menschen, die sich hinter diesen Zahlen und Maßnahmen verbergen. Da wurden vielfach Chancen für außergewöhnliche Lebensentwürfe und Qualifizierungen bis hin zur Promotion gelegt, die ohne private Unterstützung in den meisten Fällen nicht zu realisieren gewesen wären.

Heinz Wüstenberg erblickte 1931 als Sohn des Börmer Dorf-Schmieds das Licht der Welt. Damals war niemand in der Familie auf Rosen gebettet, auch eine weiterführende Schulausbildung wäre für ihn kaum zu erreichen gewesen. Heinz Wüstenberg hat niemals vergessen, dass der Dorfschullehrer ihn unterstützte und sich bei seiner Familie für ihn einsetzte, so dass der begabte Junge schließlich das Gymnasium besuchen konnte. Nur die Kriegswirren konnten dessen Abschluss verhindern.

1954 übernahm er schließlich als gelernter Schmiede- und Wagenbaumeister den väterlichen Betrieb und baute ihn kontinuierlich und erfolgreich zum heutigen Landtechnik-Unternehmen mit neun Firmen in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Polen aus.

Mit Gründung der Heinz-Wüstenberg-Stiftung setzte er schließlich Symbol, tätige Kraft und Unterstützung frei, um Dankbarkeit für ein erfolgreiches und glückliches Leben zu zeigen und der Gesellschaft davon einen Teil zurückzugeben. Sein großzügiges Stiftungs-Wirken stieß dabei nicht nur bei den Betroffenen auf hohen Respekt, sondern spiegelt sich unter anderem auch in der Verleihung des schleswig-holsteinischen Stifterpreises 2013 wieder.

Heinz Wüstenberg war ein bescheidener Mensch. Und es ist eben keine Floskel, wenn es festzustellen gilt, dass für ihn Zeit seines erfolgreichen Unternehmerlebens das Wohlergehen der Mitmenschen, der Familie und der Mitarbeiter von allergrößter Bedeutung war. Heinz Wüstenberg ist am 2. Dezember 2017 verstorben. Wir werden ihn vermissen.

Bernd Hannemann
Wolfgang Henze