Kiel (sish) – Dort, wo viele Menschen unterwegs sind in Kiel, trifft man regelmäßig auch auf Verkäufer des Obdachlosen-Magazins „Hempels“. Wie beispielsweise auf Sven Kahl (40), der seinen Stammplatz am Parkplatzausgang im Untergeschoss des Citti-Parks hat. Sven Kahl bietet den Menschen seit Juni 2010 „Hempels“ an und es hat große Bedeutung für ihn, wie er sagt (siehe Interview).

Feierstunde im Landeshaus. Foto: Henze

Feierstunde im Landeshaus. Foto: Henze

In diesen Tagen konnte das Magazin, vor allem aber der Hempels-Verein, im Landeshaus ein bemerkenswertes Jubiläum begehen. Gegründet wurde „Hempels“ 1996, mithin also vor 20 Jahren. Zu den Gründern gehörte der Sozialarbeiter Jo Tein, der bis heute den Vorsitz des Vereins innehat. Jo Tein erzählte bei der Jubiläumsveranstaltung vor vielen Gästen von den Anfängen des Magazins. „Das erste Heft war einfach peinlich“, sagte er, aber trotz allem gab ihm der Erfolg Recht. Inzwischen beträgt die Auflage gut 22.000 Exemplare pro Monat. Enorm weiterentwickelt hat sich das Heft, verfügt seit mehr als zehn Jahren über ein festes Redaktionsteam.

Landespastor Heiko Naß (links) im Gespräch mit Jo Tein, Vorsitzender Hempels e. V. Foto: Heidi Krautwald

Landespastor Heiko Naß (links) im Gespräch mit Jo Tein, Vorsitzender Hempels e. V. Foto: Heidi Krautwald (Link)

„Hempels“ ist aber weit mehr als ein Monatsmagazin, sondern bietet vielen bedürftigen Menschen auch ein Stück Heimat und Unterstützung an. So gehört zum Angebot auch ein Café, eine Suppenküche -die mehr als einhundert Menschen täglich versorgt-, und ein Sozialdienst. Allen „Hempels“-Ideen liegt zu Grunde Hilfe und Unterstützung für arme und ausgegrenzte Menschen zu leisten. Es geht in der Hilfe dabei um bezahlte Arbeit, Selbstbestimmung, Lobby und auch das Angebot einer Wahlfamilie. Dafür steht der Trägerverein, der in seinem Angebot anders ist, und mehr als professionelle Sozialarbeit bieten will.

Ein ganz wichtiger Aspekt ist dabei auch die Versorgung mit Wohnraum. Landespastor Heiko Naß betonte vor rund 150 Gästen auf der Jubiläumsveranstaltung, dass eine eigene Wohnung so etwas wie eine zweite Haut sei. „Ohne Wohnung hat man kein Dach über dem Kopf, keine Rückzugsmöglichkeit, keine Sicherheit und keinen Raum, in dem man so sein kann, wie man will“, so Naß weiter.

Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist die jüngste Aufgabe für den „Hempels“-Trägerverein. Aus diesem Grund wurde im letzten Jahr unter dem Dach der schleswig-holsteinischen Diakoniestiftung die Hempels-Stiftung mit dem Ziel gegründet, Mittel einzusammeln, um Immobilien für Wohnungslose zu erwerben, und günstigen Wohnraum vermieten zu können. Dazu sollen in den nächsten Jahren Wohnungen aus vorhandenem Bestand angekauft werden, um diese an obdachlose Menschen zu vermieten. Auf Wunsch der Bewohner kann zu Anfang dann auch eine sozialpädagogische Betreuung erfolgen. Jo Tein ist klar, dass dieses Projekt sicher nicht das vorhandene strukturelle Defizit beseitigen kann. Aber „Hempels“ würde damit deutliche Zeichen setzen und zumindest einigen Menschen helfen, die sonst auf dem Wohnungsmarkt keine Chancen hätten.

Rund 150 Gäste nahmen an der Feierstunde teil. Foto: Henze

Rund 150 Gäste nahmen an der Feierstunde teil. Foto: Henze

Um dieses Wohnungsprojekt erfolgreich entwickeln zu können, ist die Stiftung jedoch auf Unterstützer angewiesen. Oder wie Landespastor Heiko Naß formulierte: „Jeder der etwas zuwenden möchte, ist herzlich willkommen.“ Wolfgang Henze

 

 

"Hempels"-Verkäufer Sven Kahl auf seinem Stammplatz im Citti-Park. Foto: Henze

„Hempels“-Verkäufer Sven Kahl auf seinem Stammplatz im Citti-Park. Foto: Henze

„Hempels sorgt für Struktur im Leben und Kontakt mit Menschen.“

„Sven Kahl (40) verkauft das Obdachlosen-Magazin „Hempels“ seit Juni 2010. Sein Stammplatz ist der Parkdeck-Ausgang im Untergeschoss des Kieler Einkaufszentrums Citti-Park. SiSH-Redakteur Wolfgang Henze sprach mit Sven Kahl über die Bedeutung des Magazins für die Verkäufer.

Herr Kahl, seit wann verkaufen Sie „Hempels“?
Seit Juni 2010

Wie kamen Sie dazu?
Na ja, ich hatte mich nach langjähriger Beziehung von meiner Partnerin getrennt, wurde dann schließlich obdachlos und auch drogenabhängig.

Und dann?
Dann lernte ich eine Frau kennen, die mich sowohl zur Drogen-Substition, wie auch zu „Hempels“ gebracht hat. Und das war gut so.

Was bewirkt die Tätigkeit als „Hempels“-Verkäufer bei Ihnen?
„Hempels“ gibt mir sehr viel Hilfe. Zum einen schafft man dadurch Kontakte zu anderen Menschen, und zum anderen ist auch das Angebot des Vereins, bis hin zum Café, eine tolle Sache und sehr hilfreich.

Wie begegnen Ihnen Ihre Kunden denn so?
Das ist sehr unterschiedlich. Die meisten Menschen sind sehr freundlich, ganz selten wird einem aber auch schon mal zugezischelt: Geh arbeiten, oder etwas Ähnliches. Die „Hempels“-Verkäufer erfahren schon viel an positiver Reaktion, das muss man sagen. Wenn man selber freundlich und gutgelaunt ist, dann begegnen einem auch die anderen Menschen meist so.

Sprechen Sie mit Ihren Kunden auch über die Inhalte des Magazins?
Ja, häufig sogar. Wenn ich es mir leisten kann, dann verschenke ich auch schon mal ein Heft, und oft genug kommt der neue Kunde dann später wieder, spricht über das Heft und kauft dann künftig auch eins.

Was spricht die Menschen thematisch in „Hempels“ am meisten an?
Vor allem die Lebensberichte kommen gut an, und ansonsten, wie überall, die „Tränendrüse“. Seit ein oder zwei Jahren sind die Leser auch sehr an Flüchtlingsthemen interessiert.

Wir sehen Sie Ihre Zukunft mit „Hempels“?
„Hempels“ ist und bleibt für mich ganz wichtig. Es hilft mein Leben zu organisieren, mich selbst auch zu disziplinieren meine Arbeit zu tun, und das umso wichtiger für mich, da ich alleinerziehend meinen 17jährigen Sohn betreue. Da gilt es Stabilität im Leben zu wahren und an den Sohn weiterzugeben.

Und wenn der Sohn eines Tages auf eigenen Beinen stehen wird?
Dann würde ich schon gerne wieder in mein früheres Leben als Altenpfleger zurückfinden.