Die hellwachen Augen beeindrucken; auch, dass er aufmerksam zuhört, um das Gesagte schließlich mit leiser Stimme, aber kantenscharf, zu analysieren: „Da verlieren sie sich ein wenig im Ungefähren“, könnte dann ein erster Satz lauten, gefolgt von möglichen Details des vielleicht Ungesagten oder fehlender Präzision im verspürten Ungefähren. Friedolf Pagenkopf ist Jurist, hat sein Leben lang Struktur und Übersicht in komplexe Sachverhalte oder Vertragswerke gebracht, daran ändert auch die Tatsache nichts, dass er mit 81 Lebensjahren längst im Ruhestand ist und mit einem schmerzhaften Handicap leben muss.
Ehrliches Interesse an menschlichen Schicksalen und die Fähigkeit sich reinfühlen zu können, haben letztlich auch zu den Gesprächen mit einer Verkäuferin geführt, die das Obdachlosen-Magazin „Hempels“ regelmäßig in Gaststätten an der Kieler Förde zum Kauf anbietet. Moni, so ihr Name, machte Friedolf Pagenkopf auf die schwierige Wohnungssituation obdachloser Menschen aufmerksam, lenkte seine Aufmerksamkeit schließlich auf das Projekt „Hempels hilft wohnen“.
Von diesen Begegnungen bis hin zu seiner aktiven Beteiligung an diesem Projekt ist nicht viel Zeit vergangen. 200.000 Euro, eine gewaltige Summe, die sich letztlich aus einer Familienerbschaft erklären lässt, steuerte Friedolf Pagenkopf bei. Damit unterstützte er wesentlich den Ankauf eines Mehrfamilienhauses in Kiel-Gaarden, das jetzt Wohnraum für obdachlose Menschen bieten wird.
Eigentlich wollte der Spender überhaupt nicht darüber sprechen. Bescheiden ist er, legt keinen Wert auf Öffentlichkeit oder Beifall, einzig der Hinweis, dass seine Großzügigkeit Ansporn auch für andere sein mag, überzeugte ihn schließlich, sein Engagement veröffentlicht zu sehen.
Aber warum ausgerechnet dieses Projekt? Friedolf Pagenkopf blickt zur Erklärung auf seine Jugend zurück. Er stammt aus der Altmark, der Region zwischen Stendal und Magdeburg. Seine Familie besaß dort einst einen Gutshof, der Vater war also Landwirt. 1951 wurde er enteignet, die sechsköpfige Familie musste in den Westen flüchten, um einer erneuten Inhaftierung des Vaters aus politischen Gründen zu verhindern. Die Familie wurde dabei auseinandergerissen, da sie sich auf verschiedene hilfsbereite Verwandte aufteilen musste, bis sie später auf einem Pachthof in Schleswig-Holstein wieder zusammenkommen konnte. Dieses Gefühl der Entwurzelung ließ in Friedolf Pagenkopf nach einem wechselvollen Leben den Wunsch reifen, obdachlosen Menschen zu einer Wohnung zu verhelfen. Er macht das auch aus Dankbarkeit, da er trotz eigener erlittener Entbehrungen am Ende eine gesicherte Existenz mit seiner Familie aufbauen konnte und auf ein erfülltes Berufsleben zurückblicken darf.